Offline-Zeit als Luxus
Für meine Arbeit als selbstständige Tattoowierende und Studiobesitzerin bin ich viel auf Social Media unterwegs. Um genug Termine zu bekommen, ist es wichtig, präsent zu sein, meine Arbeit zu zeigen und Reichweite zu generieren. Selbst kurze Offline-Zeiten werden vom Algorithmus bestraft. Durch mein Smartphone bin ich außerdem fast 24/7 erreichbar – ich sehe sofort neue Anfragen und Mails. Den Drang, sofort auf alles zu reagieren, habe ich mir bereits gut abtrainieren können. Doch in meiner Social-Media-Nutzung möchte ich noch achtsamer werden.
Ich finde es toll, dass ihr mich über die Netzwerke schon vor dem Tattootermin ein bisschen kennenlernen könnt und ein Gefühl dafür bekommt, wer ich bin. Das ist für ein so intimes Erlebnis wie ein Tattoo sehr wichtig, und ich möchte auch weiterhin meinen „Vibe“ mit euch teilen. Durch meinen Blog kann ich zusätzlich diesen Einblick gewähren und bin nicht nur auf die sozialen Medien angewiesen.
Ich war ein paar Tage mit meinen Cousinen in der Natur an der Mosel und habe gemerkt, wie gut mir diese Offline-Zeit tut. Ich war selten am Handy, habe kaum Momente in den Stories geteilt und hatte nicht das Gefühl, alles für Instagram „festhalten“ zu müssen. Ich bin bei mir angekommen – ohne ständige Ablenkung und ohne den Druck, den Social Media mittlerweile immer mehr in mir auslöst. Ich konnte besser beobachten, beim Spazierengehen lange Gespräche führen und alles ohne einen Filter wahrnehmen.
Ich glaube, dass es vielen von uns so geht. Ich merke in meinen Tattoositzungen mit euch, wie gut es tut, einfach mal komplett abzuschalten – auch im digitalen Sinne. Nur der Körper, unsere Gespräche, Gedanken – frei sein und sich selbst fühlen. Umso mehr liebe ich meine analoge Tattootechnik, ohne Maschine, sondern manuell, Punkt für Punkt mit der Nadel.
Wie viel hat unsere Selbstinszenierung auf Social Media noch mit uns selbst zu tun? Oder sind wir zwei Persönlichkeiten – eine im echten Leben und eine online? Immer öfter erwische ich mich dabei, die Online-Welt als die echte Welt wahrzunehmen und ihr viel Wichtigkeit zuzuschreiben. Welches Video sollte ich von mir posten? Wie viele werden es sehen? Was teile ich von meinem Alltag?
Ich bin glücklicherweise nicht an dem Punkt angelangt, dass ich Dinge im echten Leben nur für meine Internetpräsenz tue. Ich schminke mich beispielsweise nicht, um danach ein Foto zu machen und hochzuladen. Ich mache mir keinen Kaffee, um ihn zu posten, sondern trinke ihn einfach. Ich halte die Hand meines Mannes nicht für die Story, sondern mache das Foto, weil ich diesen Moment so erlebe und festhalten möchte. Aber wie lange wird das noch so gehen, wenn ich nicht darauf achte, dass der Strudel von Social Media mich nicht zu sehr in die Selbstinszenierung hineinzieht?
Auch meine wundervolle Ehe möchte ich immer weniger öffentlich inszenieren. Ich möchte den Zauber der Momente nicht mit Videos oder Fotos verpuffen lassen. Hut ab vor allen Content-Creatorinnen, die ihr Privatleben mit uns teilen – das kann für uns sehr inspirierend und mutbringend sein. Vielleicht braucht man dafür auch eine sehr dicke Haut, an der negative Kommentare und ungefragte Ratschläge abprallen.
Durch Social Media habe ich das Gefühl, etwas zu verpassen: die neuesten Kleidungstrends, die besten Urlaubsorte, den schönsten Lipgloss. Und seien wir ehrlich – die Nutzung macht süchtig, wenn man nicht aufpasst. Viel zu viel Scrollen ohne echten Mehrwert. Lasst uns wieder bewusster damit umgehen und nur konusmieren, was uns gut tut.
Ich werde mir bewusst Offline-Tage einrichten, um immer wieder daran erinnert zu werden, dass das Leben nicht online stattfindet, und Instagram als Teil meines Berufes anerkennen – nicht als Privatvergnügen. Es ist doch viel wichtiger, wer neben uns steht und unsere Hand hält, als wer unser Foto liked.
Ideen für mehr Offline-Zeit
Feste Zeiten blocken – z. B. "Kein Handy vor dem Frühstück" oder "Abends ab 20 Uhr Flightmode".
Push-Nachrichten ausstellen – Kein Ping, kein Reflex.
Handyfreie Zonen – Schlafzimmer und Essen bleiben tabu.
Follow-Cleanup – Nur Accounts, die Energie und gute Gefühle geben, nicht nehmen.
Alternative Rituale aufbauen – Tagebuch, Lesen oder einfach mal... nichts tun.
Graustufen Modus einschalten – Schwarz-weiß macht Scrollen langweilig.
Für mehr Insights und Austausch
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